Groningen


Die Bilder entstanden Anfang August 2020.
The pictures were taken in early August 2020.

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Groningen von oben. Mittig der Grote Markt mit dem Rathaus (1810), links hinten die Aa-Kerk. Wie man hier schon sieht, weist der Stadtkern viele moderne Gebäude auf, was nicht zuletzt auf Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg zurückzuführen ist. Allerdings ging man beim Wiederaufbau nach 1945 wohl etwas forsch, ohne übertriebene Rücksicht auf die historische Substanz und Struktur vor (so wurde der Grote Markt deutlich erweitert, indem man die dem Rathaus gegenüber liegende Seite um 17 Meter zurückverlegte).

Groningen from above. At the centre the Grote Markt (central square) and the townhall of 1810, with the Aa-Kerk in the background to the left. As the photograph shows there are many modern buildings in the city centre, which is partly due to World War II bombardment. Also, however, reconstruction after 1945 was not overly concerned with respecting historic structures and fabric (thus, the Grote Markt was substantially enlarged by moving the side opposite the town hall back by 17 metres).

Vom selben Standort aufgenommen: die Martinikerk.
Seen from the same position: the Martinikerk (St Martin’s Church).

Das 2019 fertiggestellte Forum Groningen, von dessen Dach die ersten beiden Bilder aufgenommen wurden. Das Gebäude ist frei zugänglich, wozu es genau dient, erschließt sich nicht recht. Es gibt ein Café und ein Restaurant, anscheinend eine Bibliothek, Veranstaltungssäle. Der zugleich großzügige und unübersichtliche Innenraum mit vielen Ebenen und Rolltreppen wirkt ein bißchen wie ein Einkaufszentrum ohne Geschäfte.

The Forum Groningen, completed in 2019 — the first two images were taken from the roof. The building is freely accessible, its purpose not really obvious. There is a café and a restaurant, a library it seems, meeting rooms. The interior space is both generous and confusing, with many levels and escalators, a bit like a shopping centre without shops.

Die Martinikerk mit ihrer berühmten Orgel ist eine Hauptsehenswürdigkeit der Stadt, montags allerdings geschlossen… Und das war nunmal der Wochentag unseres Stadtrundgangs.

The Martinikerk with its famous organ is one of the city’s major sights, but closed on Mondays. And as it happened that was the weekday of our visit.

Rode of Burgerweeshuis

Die historische Altstadt ist durchsetzt mit karitativen Einrichtungen aus vergangener Zeit. Das Rote oder Bürgerwaisenhaus trat nach der Reformation an die Stelle eines Nonnenklosters. Der Anstrich mindestens des Gebäudeteils links paßt natürlich nicht recht zum Namen. Ende des 20.Jhs. wurden die Gebäude zu Seniorenwohnungen umfunktioniert.

The historic centre is dotted with the charitable institutions of past ages. The Red, or Burghers‘ Orphanage took the place, after the Reformation, of a convent. The paint job of the wing to the left is of course rather at odds with the name. At the end of the 20C the complex was transformed into housing for senior citizens.

Visserstraat

In den Straßen nahe der Universität wohnen viele Studierende. Die alten Häuser sind teilweise zu Wohnheimen umgebaut.

The streets close to the university are inhabited by many students. Indeed some of the old houses have been transformed into student residences.

Visserstraat
Rijksuniversiteit

Die Universität Groningen wurde 1614 gegründet und zog zunächst in einen früheren Beginenhof. 1846 wurde dieser zugunsten eines klassizistischen Baus abgebrochen. Als der wiederum 1906 ausbrannte (ein für Malerarbeiten angebrachtes Gerüst, im Bild unten zu sehen, fing Feuer), trat das jetzige Hauptgebäude an seine Stelle, 1909 eröffnet.

Founded in 1614, Groningen University was at first housed in a former beguinage, demolished in 1846 to make room for a new, neoclassical main building. This burned down in 1906, after a scaffolding installed for repainting the façade (and seen in the photograph below) caught fire. In its place the present main building stands, opened in 1909.

Norderhaven

Die Altstadt ist rings von Wasser umgeben.
The city centre is ringed with water.

A & Aa-Kerk

Nein, die Bildunterschrift ist kein Witz… Das Wasser um die Altstadt besteht teils aus Kanälen, teils aus dem Fluß, der sie speist, und der trägt den erschütternd kurzen Namen A. Was, wenn ich recht weiß, das ur-indoeuropäische Wort für „Wasser“ ist, deutsch manchmal erweitert zu ach oder ache (siehe lateinisch aqua), Silben, die in der Bezeichnung vieler Wasserläufe vor allem in Süddeutschland und Österreich auftauchen: Schwarzach (sehr beliebt, Wikipedia nennt fast zwei Dutzend Beispiele), Salzach (fließt durch Salzburg), Ötztaler Ache, Zwiefaltener Ache. Auch Münster in Westfalen liegt bekanntlich an der — Aa. Nicht derselbe Fluß, schreibt sich ja auch mit zwei a. Im Hintergrund die andere der beiden großen Groninger Stadtkirchen. Deren Name verweist offenbar auf den Fluß, schreibt sich verwirrenderweise aber auch mit zwei a. Offenbar aus historischen Gründen.

Is that caption a joke? No. The water ringing the city centre is in part formed by canals, in part by the river that feeds them, and that river is quite simply called the A. In fact, if I am not mistaken this is the ancient Indo-European word for „water“. In German — especially in southern Germany and Austria — it sometimes takes the extended form ach or ache (compare the Latin aqua). This is found in the names of quite a few rivers, such as Salzach („Salt Creek“, it flows through Salzburg) or Schwarzach („Black Creek“: very popular, Wikipedia lists almost two dozen instances in Germany and Austria); examples for ache include the Ötztaler Ache or the Zwiefaltener Ache. Münster, the capital of Westphalia, is situated on a stream called exactly the same as the one in Groningen, only spelled with two a’s: Aa. Visible in the background is the other of the two great churches in Groningen. It is known as the Aa-Kerk, evidently a reference to the river — but, confusingly, also spelled with to a’s, unlike the river. The reason must be historical.

Aa-Kerk
Aa-Kerk

Die Aa-Kerk wirkte nicht bloß montags geschlossen, sondern irgendwie einfach grundsätzlich zu. Das wundert bei einem derart monumentalen Bauwerk denn doch etwas. Hat man in Groningen keine Touristen nötig, oder kommen sie ohnehin so zahlreich, daß man ihnen keine Türen zu öffnen braucht? (Es liefen durchaus eine Menge davon herum.) Keinerlei Informationen an den Eingängen. Bis auf… dazu mehr unten, wir kommen wieder.

The Aa-Kerk gives the impression of being closed not just on Mondays, but forever. That seems strange with such a monumental building. Do they not feel any need to encourage tourists here, or are there so many tourists anyway that there is no need to open any doors for them? (Quite a few tourists were indeed to be seen in the city.) No information of any sort at the entrances. Except for… but we will get to that; we will be back.

Eine Bildüberschrift ist hier überflüssig, es steht ja im Bild, was wir sehen… Schnell lernt man in Groningen, daß ein gasthuis kein Gasthaus ist. Ursprünglich dienten die so bezeichneten Einrichtungen wohl tatsächlich als Beherbergungsbetrieb — allerdings nicht kommerzieller, sondern karitativer Art, etwa als Pilgerhospiz. Später verwandelten sich teils in Hospitäler, teils in Wohnprojekte für Bedürftige. In Groningen sind oder waren sie Letzteres — Wikipedia nennt für die Stadt nicht weniger als zwei Dutzend! Gehört hatte ich nur vom Pelstergasthuis, wegen der Orgel in der Kapelle, die wie die in der Martini- Kerk und der Aa-Kerk auf den unvermeidlichen Arp Schnitger (1648-1719) zurückgeht. Orgelliebhaber kennen Schnitger als einen der berühmtesten Orgelbauer aller Zeiten, der Norddeutschland und die Niederlande mehr oder minder flächendeckend mit neuen Orgeln versah. So besaß auch etwa Berlin Schnitger-Orgeln in der (1964 gesprengten und heute vergessenen) Sebastianskirche, der Nikolaikirche und der Schloßkapelle Charlottenburg, die alle nicht erhalten sind. Da der Mann auch nach Portugal lieferte und die Portugiesen ein Kolonialreich hatten, ist er uns sogar schon in Brasilien begegnet — die barocke Kathedrale von Mariana im Bundesstaat Minas Gerais prunkt mit einem (wohlerhaltenen und absolut spielbaren) Instrument des Meisters, das bereits im 18. Jahrhundert aus Lissabon dorthin weitergereicht wurde. Vom Pelstergasthuis sahen wir indes nur die prächtige Pforte, ähnlich der hier abgebildeten. Dies beim Verzehr einer Pizza vor einem italienischen Restaurant in der auf das Tor zulaufenden Gasse. Und zu so später Stunde was das Tor zu. Anders als dieses.

No need for a caption here, since what you see is written right there in the image itself. The Dutch term gasthuis corresponds to the German Gasthaus, which is an inn, and of course to the English „guest house“. Apparently the Dutch term originally covered any kind of hostel, which unlike an inn however was always run as a charity, for example for pilgrims. In Groningen they became what in England would be called almshouses (elsewhere some also transformed themselves into hospitals). Wikipedia lists no fewer than two dozen of these for Groningen. One, the Pelstergasthuis, I had actually heard of, because of the organ in the chapel — owed, like those in the Martinikerk and the Aa-Kerk, to the inevitable Arp Schnitger (1648-1719). Organ aficionados know Schnitger as one of the most famous organ builders of all time, whose astonishingly large output has left instruments throughout North Germany, the Netherlands and even beyond. Berlin once had three of them, in the Sebastianskirche (now forgotten, its war ruin blown up in 1964), the Nikolaikirche and the chapel of Charlottenburg Palace, none of which survives. Since the man even delivered to Portugal and the Portuguese used to have an empire, on our travels we have encountered him as far afield as Brazil — the Baroque cathedral of Mariana in the state of Minas Gerais boasts a fully functional organ by the master, passed on from Lisbon already in the 18C. However, of the Pelstergasthuis we saw no more than the ornate gateway, not dissimilar to the one in the picture above. This was while we were sitting outside an Italian restaurant in the lane leading towards the gate, having a pizza for our evening meal. And at that hour the gate was shut. Unlike this one.

Sint Anthonygasthuis

Die niederländischsprachige Wikipedia teilt mit, daß die Wohnungen aktuell Menschen aller Lebensalter zur Verfügung stehen.

The Dutch-language Wikipedia informs me that this institutions now offers living space for people of any age.

Sint Anthonygasthuis
Sint-Jozefkathedraal

1887 als katholische Pfarrkirche geweiht, 1955 zur Bischofskirche erhoben. Den Entwurf von Pierre Cuypers empfinde ich als besonders gelungen. Wunderbare Proportionen, die Streifung des Ziegelmauerwerks funktioniert optisch gut.

Consecrated in 1887 as a Roman Catholic parish church and elevated to cathedral status in 1955. I find the design, by Pierre Cuypers, remarkably successful. Admirable proportions, and the striped brickwork has a very pleasing effect.

Sint-Jozefkathedraal

Das Geniale an dem Bauwerk ist nicht zuletzt der Turm. Dessen Schlankheit und Eleganz läßt ihn sofort auffallen, was man (ich zumindest) erst sieht, wenn man es weiß, ist die ganz ungewöhnliche sechseckige (!) Form!

Not the least ingenious feature of this building is the tower. Its slender elegance makes it immediately striking. What you only see when it is pointed out (I for one had not realised before) is its highly unusual hexagonal (!) shape!

Papengang
Pepergasthuis

Sieh mal, schon wieder eins? Ein gasthuis nämlich. Man entwickelt einen Blick dafür… (Tatsächlich steht es aber auch über dem Tor geschrieben, wenn man genau hinsieht.)

Look, another one…! As in, another gasthuis. You develop an eye for them. (As it happens it is also written above the gate, but you have to look closely to see it.)

Pepergasthuis
Pepergasthuis
Pepergasthuis
Pepergasthuis: Orgel (Petrus van Oeckelen 1862; Foto: Michiel van ‚t Einde)
Pepergasthuis: Kapel
Peperstraat & Forum Groningen
Nieuwe Kerk

Auf dem Rückweg ins Hotel schauten wir bei der etwas abseits auf einem parkartigen Platz gelegenen Nieuwe Kerk von 1660 vorbei.

On the way back to the hotel we made a detour for the Nieuwe Kerk of 1660, which sits in a large park-like square.

Besucher haben auch hier schlechte Karten. Immerhin stand irgendwo etwas von Öffnungszeiten — samstags mittags für zwei Stunden oder so ähnlich. Schon schade, man hätte ja auch gern selber etwa hiervor gestanden:

Visitors are not made to feel particularly welcome here either. Indeed opening hours were mentioned somewhere — something like two hours at lunchtime on Saturdays. A pity really, since one would not mind having a look of one’s own at this for example:

Nieuwe Kerk: Orgel
(Johann Wilhelm Timpe & Petrus van Oeckelen 1831; Foto: Dennis Wubs)
The Student Hotel

In der Regel fotografiere ich unsere jeweilige Unterkunft nicht. Sie sind selten sonderlich bemerkenswert. Hier irgendwie schon. Während unseres gesamten mehrtägigen Aufenthalts rätselten wir, ob dies nun ein Studenten-Wohnheim war, das, wie vielerorts üblich, während der Ferien Zimmer an Touristen vermietet, oder eben doch einfach ein Hotel, dessen Motto „May the student in you live forever“ einfach ein Designer-Gag ist, wie viele andere Details der Räumlichkeiten auch. Wir bekamen es nicht heraus. Das Objekt ähnelt in seinen öffentlichen Bereichen einem (allerdings ziemlich schicken) Jugend- oder Freizeitheim. Erst als mir, zurück in Berlin, auffiel, daß in der Nähe des Alexanderplatzes soeben auch ein „Student Hotel“ eröffnet hatte, dessen Eingangsbereich in unverkennbar gleicher Optik gestaltet ist wie in Groningen, schloß ich, daß es sich offenbar doch um eine Hotelkette handelt. Richtig ist, wie die Recherche ergab: sowohl als auch. Es handelt sich um ein Mittelding, das „normales“ Hotel und Studenten-Wohnheim verbinden will. Die Idee hatte ein schottisch-niederländischer Unternehmer 2006. Seitdem sind sieben Häuser in den Niederlanden entstanden und eine Reihe weiterer in anderen europäischen Städten.

Normally I don’t photograph our accommodation. Usually it isn’t all that remarkable. This time it was rather. During our entire stay of several days we were unsure whether this was a real student residence which was merely renting rooms to tourists during the summer vacation, or just a hotel whose motto „May the student in you live forever“ was a designer gimmick like much else in the décor. The public spaces look like some sort of community centre or youth club (if rather upmarket for that). It was only once I was back in Berlin that I noticed another „Student Hotel“ recently opened near Alexanderplatz, its entrance area featuring the same corporate design as in Groningen. Ah, I thought, so it’s a hotel chain after all. The correct answer turns out to be: it’s both, a hybrid of student and tourist accommodation devised by a Scottish-Dutch entrepreneur in 2006. Since then he has opened seven of these in the Netherlands and several more elsewhere in Europe.

The Student Hotel
The Student Hotel

Wie überall in den Niederlanden machte sich niemand Sorgen wegen Corona, was wir als sehr entspannend empfanden. Die gelben Linien sollen eigentlich zum heuer überall eingebläuten Abstandhalten auffordern.

As everywhere in the Netherlands no one seemed worried about Covid-19, a welcome relief. The yellow lines are supposed to ensure the „social distancing“ now preached everywhere.

Ich entdeckte die Linien allerdings erst, als wir nach schon längerem Aufenthalt und etlichen Besuchen an der Rezeption (weil die Schlüsselkarte wieder mal nicht funktionierte) hier saßen. Wie man auf dem Bild sieht, fielen sie offenbar auch anderen Gästen nicht weiter auf, und niemand hielt sich auch an die Vorschrift, nur einzeln vorzutreten. (Das mit dem Abstandhalten wird nie wirklich funktionieren. Menschliches Verhalten läßt sich nun einmal nicht so einfach umprogrammieren, schon gar nicht wegen eines Virus von allenfalls mittlerer Gefährlichkeit.) Das Hotelpublikum bestand übrigens aus jungen wie älteren Leuten. Insgesamt alle sicher etwas unkonventioneller als in Unterkünften herkömmlichen Typs.

However I only actually noticed the yellow lines when we happened to be sitting on the sofa from which the pictures were taken — after a couple of days and following quite a few visits to that reception (because the key card was not working again). As the photographs shows other people were clearly unaware of the lines too, nor did they heed the instruction only to step foward singly. (Social distancing will never work consistently. You cannot reprogramme human behaviour just like that, least of all because of a virus posing a rather limited risk.) The clientèle by the way was made up both of young people and older people. Mostly no doubt somewhat less conventional than you will find in a traditional hotel.

Aa-Kerk

Ich deutete oben ja an, daß wir auf die und zur Aa-Kerk noch einmal zurückkommen würden.

I indicated earlier that we were going to return to the Aa-Kerk.

Aa-Kerk

Und diesmal schafften wir es sogar hinein.
And this time we even made it inside.

Die Gelegenheit dazu bot ein Orgelkonzert am Abend.
The occasion was provided by an organ recital in the evening.

„Concert op het Arp-Schnitger-orgel (1702) van de Der Aa-Kerk“: das ist jetzt etwas für Sprachpedanten. Heißt es „Aa-Kerk“ oder „Der Aa-Kerk“? Die Eingeborenen scheinen gespalten. Ein Lager meint, das „der“ gehöre zum Namen, als Überbleibsel der ursprünglichen Bezeichnung der Kirche als Onze Lieve Vrouw ter Aa, Unser Lieben Frauen zur Aa (damals anscheinend doch mit zwei a, wie in Münster…). Das andere Lager verweist darauf, daß der im Niederländischen früher, wie nach wie vor im Deutschen, der Dativ des bestimmten weiblichen Artikels war (heute kommt dieses Dativ-der im Niederländischen nur noch in feststehenden Ausdrücken vor, wie inderdaad „in der Tat“). Dieses Lager empfindet „Der Aa-Kerk“ daher als ungrammatisch. Selber scheint es mir auch ziemlich unhandlich — het orgel van de Der Aa-Kerk „die Orgel der Der Aa-Kerk“ klingt ja, als ob man stottert! Bizarr auch „die Der Aa-Kerk“. Also was mich betrifft lieber ohne das Der.

(Warning: linguistic pedantry ahead!) „Recital on the Arp Schnitger organ (1702) of the Der Aa-Kerk“. Indeed the church is called Der Aa-Kerk by many — the „Der“ being considered a reminder of its original appellation Onze Lieve Vrouw ter Aa, Our Lady by the A(a). Those who prefer just „Aa-Kerk“ insist that in Dutch der used to be the dative of the feminine form of the singular definite article (as it still is in German, whereas in Dutch this inflected form of the article survives only in certain fixed expressions). (ter is a contraction of te „to, at, by“ and der : „by the“; similar to German zur = zu + der.) In today’s Dutch the singular definite article, no longer inflected to mark the case, is de for masculine or feminine nouns or het for neutre nouns; still for the latter camp „de Der Aa-Kerk“ sounds ungrammatical. It also sounds as if you have a stutter. And in German it sounds weird because (without a grammatical context to suggest the dative of the feminine article is meant) you would normally interpret der as the nominative of the masculine form of the definite article. Since „church“ is a feminine noun in German, if you say „die Aa-Kerk“ it sounds all right, whereas if you say „die Der Aa-Kerk“ it sounds as if you followed the (correct) feminine definite article with the (incorrect) masculine one.

Und dann sagen sie „Schnitger-Orgel“. Schnitger hat sie mal gebaut. Der Gehäuse-Entwurf stammt von ihm, und ein Teil des Pfeifenwerks. Gebaut wurde sie aber nicht für diesen Raum, sondern für die Academiekerk. Das war die ehemalige Franziskanerkirche, daher auch Broerkerk (Brüderkirche) genannt. Sie stand direkt gegenüber der Universität, die sie nach ihrer Gründung 1614 zweihundert Jahre lang nutzte. 1815 wurde sie aber den Katholiken übergeben, die bis dahin seit 1594 kein Gotteshaus in Groningen mehr gehabt hatten. Die Orgel setzte man damals in die Aa-Kerk um. Sie hatte Schnitger ebenfalls mit einer Orgel versehen, doch wurde das Instrument dort, von 1697, nicht alt: der Einsturz des Turms 1710 begrub es unter sich. Der Turm wurde neu errichtet, für den Neubau einer Orgel reichte es dann wohl nicht mehr.

And then they say „Schnitger organ“. Schnitger originally built it. He designed the case, and a substantial portion of the pipework is still his. However, it was not built for this space. It was built for the Academiekerk: this was the former Church of the Franciscans, also called the Broerkerk (Friars‘ Church). It stood opposite the university, which following its founding in 1614 used it for 200 years. In 1815 it was given to the Roman Catholic community, which had not had a church in Groningen since 1594; but the organ at that point was removed to the Aa-Kerk. That church too had been equipped with an organ by Schnitger, but this instrument, of 1697, did not have a long life: in 1710 the tower collapsed on top of it. The tower was rebuilt, but that apparently left no funds for another organ.

Seit der Umsetzung hat eigentlich in jeder Generation ein Orgelbauer (oder mehr) an der Orgel hin- und herverändert (wie genauso an der noch berühmteren Orgel der Martinikerk, da ist der Tatbestand noch krasser). Angesichts dessen ist es erstaunlich, wie charaktervoll und gut das Instrument klingt. Der Klang gefiel mir bei dem Konzert am besten, die Stücke in der gebotenen Wiedergabe weniger.

Since its transferral to the Aa-Kerk the organ has been tampered with by at least one organ builder (and sometimes more) per generation — just like the even more famous organ of the Martinikerk, where this phenomenon is even more pronounced. In light of this it is amazing how magnificent the instrument does in fact sound. It was the sound that I liked best about the recital, whereas the pieces as performed that evening left me unconvinced.

Etwas negativ fiel mir auf, daß die Orgel gewisse Schwierigkeiten hat, den riesigen Raum zu füllen. Mit ihren 40 Registern (in der Academiekerk ursprünglich nur 33) auf drei Manualen und Pedal ist sie nicht unbedingt leise, aber für den Raum doch eher an der Untergrenze. Die Aufstellung ist nicht unproblematisch. Man sieht, auf dem letzten Bild und noch besser auf dem drei Bilder vorher, wieviel Luft nach oben die Orgel hat, wieviel Schall sich also in Richtung Gewölbe verlieren muß und allenfalls gedämpft reflektiert wird.

I had the feeling that the organ struggled somewhat to fill the huge space. With its 40 stops (originally, in the Academiekerk, 33) on three manuals and pedals it is certainly not small, but still perhaps not quite adequate for this church. Its position may be somewhat problematic. You can see, in the last image and perhaps even better in the last one but three, how much airspace there is above the instrument, meaning that much of the sound escapes in the direction of the vaulting, reaching the ears of listeners on the ground only as a muffled reflection.

Brandenburg a.d. Havel: Dom

Mit die bestklingende Orgel, die ich kenne, bei bemerkenswerter Präsenz im Raum, ist die Wagner-Orgel im Brandenburger Dom von 1725, praktisch unverändert erhalten. Zumal angesichts beschränkter Mittel bestand der Orgelbauer, Joachim Wagner, auf der hohen Empore, die es ihm erlaubte, das für den Raum knapp dimensionierte Instrument (33 / ii + P) buchstäblich unter das Gewölbe zu klemmen. Das optimiert die Klangabstrahlung und funktioniert gut.

A favourite organ of mine, in terms both of the quality of its sound and its remarkable presence in the space it is meant to fill, is the 1725 instrument in Brandenburg cathedral, which survives practically unchanged. In view not least of the limited funds available, the organ builder, Joachim Wagner, insisted on the extra high organ loft, which enabled him to squeeze the organ into a position right below the vaulting. This optimises the sound reflection — with happy results, despite the relatively small size of the instrument (33 / ii + P).

Barend Eikelboom (1892-1975): Aa-Kerk 1697

Gerne wüßte man, wie das Instrument der Aa-Kerk von 1697 aufgestellt war und geklungen hat. Mit ebenfalls 40 Registern (auf vier Manualen und Pedal) war es nicht größer als sein heutiger Nachfolger, aber zweifellos an den Raum angepaßt — so fallen in der Disposition die vielen Chöre der reichlich verfügbaren Mixturen auf (bis zu acht Pfeifenreihen im Hauptwerk, je bis zu sechs in den anderen Manualen und im Pedal). Die Darstellung oben stammt von 1957. Inwieweit sie Kenntnis historischer Details verarbeitet (für das jetzige Instrument etwa gibt es eine Entwurfszeichnung Schnitgers) oder ob sie rein spekulativ ist, habe ich nicht herausgefunden.

It would be interesting to know how the instrument of 1697 was positioned in the Aa-Kerk and how it sounded. With 40 stops (on four manuals and pedals) it was no larger than the present instrument, but Schnitger must have adapted it to the space — one striking feature of the stoplist is the number of mixtures and the number of ranks in them (up to eight on the great organ, up to six in the other divisions including the pedals). The rendering above dates from 1957. I could not find out to what extent, if any, it reflects knowledge of historical details (for example, for the present instrument a drawing of the case by Schnitger survives). Or is it purely speculative?

Groningen: Broerkerk (Academiekerk) 1888

In der Academiekerk war Schnitgers Problem offenkundig nicht die Höhe, sondern nur die große Länge der Kirche. (Die rund erneuerten — nicht runderneuerten… — Fenster irritieren auf den ersten Blick, auf den zweiten erkennt man den gotischen, für die Bettelorden typischen langgestreckten Baukörper aus dreischiffigem Langhaus und schmalerem Mönchschor.) 1895 brachen die Katholiken die Kirche ab und bauten neu, nach Plänen wiederum von Pierre Cuyper. Konventioneller als bei St. Josef. Dennoch bedauerlich, daß auch der Cuyper-Bau trotz Denkmalschutz 1982 wieder abgerissen wurde, zugunsten einer neuen Universitätsbibliothek. Die architektonisch nur als Griff ins Klo bezeichnet werden kann: man vermutet hinter der langweiligen Fassade irgendeine Behörde. Und das in städtebaulich so herausragender Position unmittelbar gegenüber dem Universitäts-Hauptgebäude.

In the Academiekerk, the challenge for Schnitger evidently was not the height of the building but its length. (The roundheaded windows, evidently a later modification, are confusing at first sight. A closer look detects the long Gothic structure typical of the mendicant orders, consisting of a three-aisled nave and a long, narrow chancel for the friars.) In 1895 the Roman Catholics demolished the church and built a new one, to a design once more by Pierre Cuyper. Rather more conventional than at St Joseph’s. Nevertheless it is a pity that the new church was itself demolished again in 1982 — despite being a listed monument — to make way for a new university library. Which architecturally is nothing short of a disaster, its boring frontage suggesting an ordinary office building. And this in such a prominent location directly opposite the university main building.

Aa-Kerk
Vismarkt
Grote Markt

Blick Richtung Vismarkt, mit der Aa-Kerk im Hintergrund. Rechts das Rathaus.

View towards the Vismarkt (Fish Market), with the Aa-Kerk in the background. On the right is the town hall.

Grote Markt & Martinikerk
Poelestraat
Poelebrug
Schuitendiep